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30.09.2013
Geschäftsbereich Altenhilfe allgemein

Gute Pflege kostet Geld

Die kirchlichen Sozialstationen sind unterfinanziert, weil die Krankenkassen eine angemessene Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen verweigern. Im Rahmen einer landesweiten Aktion unter dem Motto „Die häusliche Pflege hat Wert!“ informierte am Freitag (27. September) deshalb auch die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Sozialstationen Oberschwabens an einem Stand auf dem Ravensburger Marienplatz über die Arbeit ihrer zwölf Sozialstationen und machte auf deren unbefriedigende wirtschaftliche Situation aufmerksam.

Diakonie und Caritas in Baden-Württemberg haben Alarm geschlagen, weil die aktuellen Kassenvergütungen für das dauerhafte Überleben ihrer ambulanten Pflegedienste nicht ausreichen. Dabei ist deren Arbeit in einer demographisch sich stark ändernden Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Mit Hilfe von Sozialstationen können alte und kranke Menschen in ihren eigenen vier Wänden medizinisch versorgt werden. Dies entlastet pflegende Angehörige und vermeidet hohe Folgekosten durch Krankenhausaufenthalte.

„Mit den aktuellen Sätzen können wir nicht kostendeckend arbeiten. Die Personalkosten in den kirchlichen Sozialstationen sind in den letzten neun Jahren um 17 Prozent gestiegen, aber die Refinanzierung durch die Krankenkassen betragen nur acht Prozent“, betont Sonja Lutz, Fachbereichsleitung Ambulant bei der St. Elisabeth-Stiftung mit Sitz in Bad Waldsee, und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Sozialstationen Oberschwabens. Die Verhandlungen der Träger mit den Krankenkassen gestalteten sich „immer schwieriger und aufwändiger, was unverantwortlich ist angesichts der derzeit guten Kassenlage“, so Lutz dazu weiter.

Außerdem müssen sich die Pflegekräfte den ständig steigenden bürokratischen Anforderungen stellen und inzwischen bereits rund 40 Prozent ihrer Arbeitszeit für die Dokumentation aufwenden. Dies kostet Geld und Zeit, die bei der Versorgung der Patienten fehlt. Notwendig seien deshalb Maßnahmen zur Entbürokratisierung und für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

„Es ist höchste Zeit, dass Pflege in diesem Land wieder gerecht entlohnt wird, schließlich leisten die Mitarbeiter der Sozialstationen medizinisch kompetente Qualitätsarbeit - und die kostet eben Geld“, weiß Rolf Braun aus Ravensburg, der sich am Stand der Sozialstationen vor dem Ravensburger Lederhaus informierte und sich an der Unterschriftenaktion beteiligte. „Wir haben zwar ein gutes, soziales System in Deutschland, aber wir sollten daran mit Blick auf die Altersentwicklung keine Abstriche machen“, meint der Passant.

Auch Manuel Zeilmeier aus Immenstaad, der seit 25 Jahren im Rettungsdienst beschäftigt ist und sich in der Branche auskennt, fordert „eine gerechte Bezahlung der Arbeit, die im Pflegedienst erbracht wird“. Er unterschreibt ebenfalls auf den ausgelegten Listen, die sich schnell füllen an diesem Tag. Nicht nur ältere Menschen setzen ihren Namen unter die Petition, auch jüngere Passanten geben den Argumenten der anwesenden Pflegekräfte Recht und unterzeichnen. „Angesichts des demographischen Wandels werden die Probleme in der Pflege nicht kleiner, aber diese wichtige Arbeit für die Gesellschaft muss dann eben ordentlich bezahlt werden“, sagt auch Student Jonathan Vogt aus Ravensburg, der als „Zivi“ erste Erfahrungen gemacht hat in der Pflege.

Mit Hilfe der Unterschriftensammlungen bei der Aktionswoche in den Städten des Landes möchten Diakonie und Caritas den Druck auf den Gesetzgeber nochmals erhöhen und um Korrektur der Vergütungen ersuchen, zumal die Politik den Leitsatz „Ambulant vor Stationär“ ausgegeben habe. Dieser kann nach Einschätzung der Trägerverbände aber nur aufrechterhalten werden, wenn die Refinanzierung tarifbedingter Kostensteigerungen und eine Entbürokratisierung gewährleistet sind. Laut Diakonie und Caritas in Baden-Württemberg schreiben schon jetzt 60 Prozent der kirchlichen ambulanten Pflegedienste im Land rote Zahlen.

 

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