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04.08.2012
Wohnheim St. Antonius, Laupheim

Haus Antonius: ein Vierteljahrhundert Mitbestimmung

LAUPHEIM - Das Haus Antonius in Laupheim feiert im September sein 25-jähriges Bestehen. 15 der ersten Bewohner der Außenwohnanlage, welche zum Heggbacher Wohnverbund gehört, leben noch heute am Bronner Berg und haben zahlreiche Veränderungen erlebt.

 

Wer Magdalena Knopf und Ludwig Zweifel einen Besuch abstatten möchte, der klingelt an der Tür, als wäre es eine Wohnung in einem Mietshaus. Tatsächlich aber lebt das Paar, beide sind gehandicapt, auf Wohngruppe Bernhardin im Haus Antonius. Vor 25 Jahren, als sie sich dort kennen lernten, wären gemeinsame Räume nicht möglich gewesen. Das Haus war baulich so konzipiert, Gruppen nach Geschlecht zu trennen. „Wir hätten das damals schon gerne anders gehabt", erinnert sich Johann Höß, ehemaliger Wohnbereichsleiter. „Aber die Pläne und das Konzept für unsere Außenwohnanlage stammen noch aus den 70er Jahren." Von der Konzeption bis zur Eröffnung im Jahr 1987 vergingen fast zehn Jahre.

Für die ersten 33 Bewohner war der Einzug aufregend. Innerhalb mehrerer Wochen fanden sie in drei Wohngruppen zueinander. Alles war neu, das Haus, die Möbel, der Teppich, die Dusch- und Waschräume, das Mitarbeiterteam. Das Zusammenleben stand unter dem Leitgedanken des Normalisierungsprinzips. „Bereits zu dieser Zeit kam man zu der Ansicht: Jeder Mensch, egal ob mit oder ohne Behinderung soll so normal wie möglich leben, wohnen und arbeiten", sagt Höß.

 

In Laupheim bekam der Träger – die Franziskanerinnen von Reute, die Stiftung gab es zu dieser Zeit noch nicht – die Möglichkeit, Wohnen und Arbeiten voneinander zu trennen. Während am Bronner Berg die Außenwohnanlage entstand, wurde am anderen Ende der Stadt, in der Fockestraße die Werkstatt für behinderte Menschen erbaut. Protest aus der Bevölkerung habe es nicht gegeben, sagt Höß. Das Haus Antonius entstand in einem neuen Wohngebiet. „Jeder wusste, hier kommt ein Wohnheim hin." Von den bereits verkauften Bauplätzen wurde einer nach Bekanntgabe dieser Information wieder verkauft. „Das ist traurig, blieb aber die absolute Ausnahme." Ein inniges nachbarschaftliches, fast schon freundschaftliches Verhältnis habe es mit nur wenigen gegeben. Dennoch haben sich die meisten Anwohner auf ihre Nachbarn aus dem Haus Antonius eingelassen, sie freundlich gegrüßt und hier und da mal ein Schwätzchen gehalten.

 

Mitbestimmung war Ende der 70er Jahre das Schlagwort. „Viele unserer Bewohner kamen teilweise aus Einrichtungen, in denen sie mit bis zu 40 Leuten auf einer Station lebten". In Laupheim wohnten sie fortan in kleinen Gruppen mit bis zu elf Personen. Sie bekamen Dienste zugeteilt, wie Putzen, Aufräumen, Wäsche waschen oder Tisch decken. Zu Beginn wurde das Mittagessen noch zentral bezogen. Die Mitarbeiter merkten aber schnell, dass Einkaufen und Kochen mit den Bewohnern möglich war. „ Plötzlich konnte, wer zum Kochen eingeteilt war, bestimmen, was es zum Essen gibt." Eine große Verbesserung der Lebensumstände sei der Umzug in den meisten Fällen gewesen.

 

Nach dem Umbau vor rund fünf Jahren ist nun auch das Zusammenwohnen von Männern und Frauen in allen drei Wohngruppen möglich. Jede Gruppe hat zusätzliche sanitäre Anlagen erhalten. Die Zimmer sind nun mit Waschbecken ausgestattet. Aus den meisten Doppel- und Dreibettzimmern wurden Einzelzimmer. „Das macht uns flexibler, wenn es um die Aufnahme neuer Bewohner geht." Mit dem Umbau wurde außerdem an die sich verändernde Zielgruppe gedacht. „Der Hilfebedarf ist größer geworden", sagt die jetzige Wohnbereichsleiterin  Sonja Gaißmaier. Viele Bewohner der Anfangszeit leben mittlerweile im Betreuten Wohnen und nicht mehr stationär. Für die Leute sei das toll, für das Haus Antonius bedeutet es, den Alltag mit den nachgerückten, schwächeren Bewohnern zu organisieren. Viele von ihnen können sich nicht mehr so sehr einbringen. Aus diesem Grund wird beispielsweise die Wäsche inzwischen wieder extern vergeben.

 

Ludwig Zweifel ist mit seinen 65 einer der ältesten im Haus. Er fährt nicht mehr mit den anderen Bewohnern zur Arbeit in die Fockestraße. Vielmehr genießt er den Ruhestand und widmet sich seinen Hobbys. Sobald es dunkel wird, holt Ludwig sein Teleskop hervor und zeigt seiner Magdalena vom Fenster aus die Sterne.

 

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Haus Antonius feiert am Sonntag, 23. September 2012, von 11 bis 17 Uhr ein Fest mit Tag der offenen Tür.

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