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28.11.2013
Sozialstation Gute Beth Bad Waldsee gGmbH

Offene Gespräche und klare Grenzen erleichtern vieles

BAD WURZACH – Wenn die Eltern älter werden, ändert sich vieles. Mit einer Vortragsreihe zu diesem Thema will die Sozialstation Gute Beth in den nächsten Monaten informieren und Hilfestellung geben. Auftakt war am Dienstagabend im Pius-Scheel-Haus mit der Tübinger Psychologin, Theologin und Autorin Dr. Beate Weingardt. Gewohnt spritzig und pragmatisch gab sie ihrem Publikum etliche Denkanstöße mit nach Hause.

Irgendwann ist er da, der Rollentausch. Und mit ihm nicht selten Rollenkonflikte. Werden Eltern geistig oder körperlich hinfälliger, sind die  erwachsenen Kinder in der Pflicht. Sie treffen jetzt Entscheidungen für ihre Eltern und fangen an, sie zu bemuttern. Aus Kindern werden quasi die Eltern der eigenen Eltern. Manche geraten gar in eine „Sandwich-Position“, die sie zu erdrücken droht: an einem Arm die alten Eltern, am anderen die kleinen Enkel. Fordernd beide Seiten. Dr. Beate Weingardt, Jahrgang 1960, selbst Tochter, Mutter und Großmutter und durch ihre lebhaften Vorträge und lesenswerten Bücher zu diversen Lebens-Themen längst vielen Menschen in der Region bekannt, hat im Pius-Scheel-Haus mit ihrer direkten, offenen Art ihre Zuhörerinnen einmal mehr vom ersten Satz an mit hineingenommen in diesen besonderen Lebensabschnitt. Sie warb einerseits für Verständnis für das gern als „altersbedingte Egozentrik“ beschriebene, oft schwierige Verhalten der älter werdenden Eltern. So verkümmere etwa das „vom anderen her Denken“, also das Einfühlungsvermögen in andere, eine „hochentwickelte Fähigkeit, die sich erst nach der Pubertät in einer Region des Gehirns direkt hinter der Stirn ausbildet“, mit zunehmendem Alter wieder. Erschwerend komme hinzu, dass alte Menschen ihre Erwartungen oft nicht aussprechen. „Aus Angst vor Zurückweisung, weil sie denken, das müsste doch selbstverständlich sein oder weil die meisten von ihnen als Kind nie gelernt haben ihre Erwartungen zu äußern.“ Andererseits betonte sie jedoch die Wichtigkeit, sich selbst zu schützen und abzugrenzen. „Je enger das Verhältnis, um so wichtiger sind Abgrenzungen. Besonders Frauen fällt diese Abgrenzung schwer, meist haben sie Hemmungen, dadurch die Eltern zu enttäuschen. „Dieses ausgeprägte Einfühlungsvermögen ist eine große Stärke der Frauen, aber gleichzeitig eine gefährliche Schwäche.“ Weil eine zu starke Vereinnahmung durch die alten Eltern die körperliche Gesundheit, das seelische Wohlbefinden und die Beziehungen in der eigenen Familie gefährden.  Offene Gespräche, Aufgabenteilung unter Geschwistern („nicht immer nur die Ledigen, die in der Nähe wohnen und vor allem die Töchter“) und „freundlich, aber klar gezogene Grenzen“, gab Dr. Beate Weingardt als praktische Tipps mit auf den Weg. Das Wort Jesu „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ helfe ihr persönlich bei der Abgrenzung. „Das bedeutet: Ich habe Verantwortung für meine Eltern. Aber auch für mich. Ich darf auch an mich denken!“

In den nächsten Monaten sind weitere Vorträge rund ums Älterwerden geplant. Themen sind u.a. Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung, Schmerztherapie im Alter, Zuhause Wohnen im Alter, Umbaumaßnahmen in der Wohnung, Kinetik etc. Die jeweiligen Termine werden rechtzeitig in der Presse bekanntgegeben. Informationen auch unter www.st-elisabeth-stiftung.de

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