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06.05.2019
St. Elisabeth-Stiftung, Bad Waldsee

Daniil Granin und die Barmherzigkeit

BAD WALDSEE – Der Schriftsteller Daniil Granin (1919-2017) galt in seiner russischen Heimat als bekannte Persönlichkeit. Weil er zu Lebzeiten auch mehrfach Oberschwaben bereiste und hier sogar ein Buch schrieb, waren seine Nachlassverwalterinnen jüngst mit einer neunköpfigen Delegation zu Gast bei der St. Elisabeth-Stiftung in Bad Waldsee.

Eine russische Delegation wandelte auf den Spuren Daniil Granins in Oberschwaben, mit dabei auch ein Urenkel von ihm (vorne). In der hinteren Reihe von links Boris Chlebnikow, Direktor der Akademie für Zivilgesellschaft aus Moskau, Dr. Rainer Ölschläger, Stiftungsratsvorsitzender, und ganz rechts Peter Wittmann, Vorstand St. Elisabeth-Stiftung.

Die Besucher aus St. Petersburg interessierten sich für den franziskanischen Auftrag, den die Mitarbeitenden bei ihrer täglichen Arbeit mit Menschen umsetzen. In Stuttgart wurden sie zudem von Bischof Dr. Gebhard Fürst empfangen.

„Wir sind da und helfen, wenn Menschen uns brauchen!“ Dieser Leitsatz prägt die caritative Arbeit der St. Elisabeth-Stiftung in der Nachfolge der Franziskanerinnen von Reute seit nun mehr 20 Jahren. „Eine solch wohltätig arbeitende Stiftung kennen unsere Besucher aus ihrer Heimat nicht und deshalb wollten sie bei ihrer Reise im ’Granin-Jahr’ zum 100. Geburtstag des Autors mehr darüber erfahren. Das haben wir Ihnen ebenso gerne ermöglicht wie eine Stippvisite bei den Ordensfrauen im Kloster Reute“, berichtet Stiftungsratsvorsitzender Dr. Rainer Ölschläger.
Der langjährige Leiter des Tagungshauses Weingarten der Akademie der Dio?zese Rottenburg-Stuttgart hat Daniil Granin persönlich gekannt. Bei seinen Deutschland-Besuchen nach Ende des Kalten Krieges zwischen der Sowjetunion und dem Westen begleitete er ihn durch Süddeutschland. „Er begeisterte sich nicht nur für die Gabler-Orgel in der Basilika, sondern vor allem auch für die Aspekte der sozialen Marktwirtschaft und für das soziale Engagement in unserer Gesellschaft“, erinnert sich Ölschläger zurück an seine Begegnungen mit dem Intellektuellen.
Eine seiner Reisen habe Granin 1991 dazu genutzt, um hier ein Buch mit dem Titel „Die verlorene Barmherzigkeit - eine russische Erfahrung“ zu schreiben. Das Werk ist in deutscher Sprache im Herder-Verlag Freiburg erschienen. Der Schriftsteller beschrieb darin, wie dem russischen Volk nach mehr als 70 Jahren sozialistischer Herrschaft die Barmherzigkeit abhandengekommen ist und dass sie unbedingt zurückgewonnen werden müsse.
Granin hob daraufhin in seiner Heimatstadt St. Petersburg eine neue Gesellschaft namens „Miloserdie“ aus der Taufe, die das russische Wort für „Barmherzigkeit“ im Namen führt. Es wurde ein Netzwerk Ehrenamtlicher aufgebaut, die sich um Benachteiligte bemühten - vergleichbar dafür sind hierzulande die wohltätig arbeitenden Suppenküchen und Vesperkirchen.
Und auf diesen Spuren wandelte Ende April auch die russische Delegation. Die Gäste ließen sich beim Besuch der St. Elisabeth-Stiftung aufzeigen, wie ihre 2400 Mitarbeitenden rund 4500 hilfebedürftige Menschen in zahlreichen Einrichtungen zwischen Ulm und Bodensee unterstützen und fördern. Mit dabei waren neben den Nachlassverwalterinnen Granins auch Bibliothekare und Dolmetscher aus St. Petersburg.

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