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12.12.2019
Schreinerei beim Kloster, Reute

Standpunkt der Stiftung zu BTHG-Demonstration

BAD WALDSEE – Die St. Elisabeth-Stiftung unterstützt die Forderungen der Liga der freien Wohlfahrtspflege, die bei der Demonstration am 11. Dezember 2019 in Stuttgart zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) gestellt wurden. Menschen mit Behinderung, ihre Angehörigen und rechtliche Betreuungspersonen, Selbsthilfegruppen und Beschäftigte der Behindertenhilfe haben dafür demonstriert, dass Baden-Württemberg nicht zum Schlusslicht bei der Umsetzung des BTHG werden darf.

Wir fordern:
• Verlässliche, landesweit geltende Rahmenbedingungen, damit Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben führen können, wie das BTHG es will.
• Die Mehrkosten der Umstellung der Leistungen für Menschen mit Behinderung dürfen nicht auf die Dienste und Einrichtungen abgewälzt werden, in denen sie leben oder von denen sie begleitet werden
• Die zügige Wiederaufnahme der Verhandlungen zum Landesrahmenvertrag.

Peter Wittmann, Vorstand der St. Elisabeth-Stiftung, sagt:

„Wir unterstützen die Intention des BTHG, Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmteres Leben zu ermöglichen, vorbehaltlos. Die St. Elisabeth-Stiftung engagiert sich seit vielen Jahren für dieses Ziel und hat bereits lange vor dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2006 zahlreiche Projekte gestartet, die diesem Ziel dienen. Träger von Einrichtungen für Menschen mit Behinderung wie die St. Elisabeth-Stiftung können aber nicht die Mehrkosten schultern, die durch das BTHG unweigerlich entstehen. Inklusion ist der richtige Weg, aber es kann sie nicht zum Nulltarif geben.“

„Das BTHG bedeutet einen Paradigmenwechsel. Für seine Umsetzung investiert die Stiftung seit geraumer Zeit enorme personelle und finanzielle Ressourcen. Diese Kosten muss das Land übernehmen – die Umsetzung des BTHG darf auf keinen Fall zu Lasten der Menschen mit Behinderung gehen.“

„Wir haben das Glück, im Landkreis Biberach einen hervorragenden Partner zu haben, mit dem wir eine pragmatische Lösung zur Sicherung der Leistungen für Menschen mit Behinderung gefunden haben. Andere Landkreise haben sich diesem Modell angeschlossen. Auf Landesebene hat der Streit um die Finanzierung der Kosten des Bundesteilhabegesetzes zwischen Landesregierung und Kommunen aber die Umsetzung des BTHG in Baden-Württemberg zu lange blockiert. Wir brauchen verlässliche, landesweit geltende Rahmenbedingungen, damit Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben führen können und ihr Recht auf gesellschaftliche und berufliche Teilhabe gesichert ist. Die Verunsicherung, die bei Menschen mit Behinderung und ihren gesetzlichen Betreuern bereits entstanden ist, darf nicht verstärkt werden!“


Zum Hintergrund:
Am 1. Januar 2020 tritt die dritte Stufe des BTHG in Kraft. Das Gesetz stellt einen Paradigmenwechsel in der Behindertenhilfe dar. Es soll gewährleisten, dass Menschen mit Behinderung die individuelle Unterstützung bekommen, die sie brauchen, um selbstbestimmt so leben zu können, wie sie wollen. Diesen Paradigmenwechsel begrüßt die Liga der freien Wohlfahrtspflege ausdrücklich. Allerdings bringt der Wandel für die Dienste und Einrichtungen einen erheblichen Aufwand mit sich, was Organisation, Personal und auch Finanzen anbelangt. So sollen Menschen mit Behinderung künftig Teilhabeleistungen anstelle von Sozialhilfe bekommen. Anstelle von Heimverträgen erhalten Personen, die bislang in stationären Einrichtungen betreut werden, Mietverträge. Insbesondere die Personalmehrkosten – etwa durch Schulungen oder dem Abschluss neuer Verträge mit Menschen mit Behinderung – oder die EDV-Umstellung sind eine Belastung, die die Einrichtungen zu schultern haben.

Wie die Angebote für Menschen mit Behinderung künftig ausgestaltet werden, will die Liga der freien Wohlfahrtspflege in einem Landesrahmenvertrag fixieren. Mit einem unterschriftsreifen Rahmenvertrag wird aber aufgrund des Streits um die Finanzierung der Kosten des BTHG zwischen Landesregierung und Kommunen erst bis Ende März 2020 gerechnet.

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