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19.12.2016
Schule St. Franziskus, Ingerkingen

Verstärkte Raumnot erfordert Sanierung und Neubau

INGERKINGEN – Trotz zunehmender Inklusion ist die Schule St. Franziskus der St. Elisabeth-Stiftung (kurz SSF) überaus gefragt in der Region. Die Katholische Freie Ganztagesschule für Kinder und Jugendliche mit geistigen oder mehrfachen Behinderungen verzeichnet nahezu einen Höchststand: Im laufenden Schuljahr sind es 125 Schützlinge. Der Bauantrag für den Teilneubau der Schule ist fertig und im Sommer 2017 soll es mit den Bauarbeiten losgehen. Eine Spendenaktion für die neue Schule wurde gestartet.

„Erstaunlich“ findet Bernhard Buck, seit 1995 Leiter der SSF, den Ansturm nach einem leichten Rückgang der Schülerzahlen in den letzten Jahren. „Normalerweise wären sechs Kinder oder Jugendliche pro Klasse ideal für unser Klientel.“ Die auch staatlich unterstützte Klassenstärke von sechs Kindern wurde im neuen Schuljahr gleich mehrfach überschritten. Als Bernhard Buck im Rektorat begonnen hat, war die Gesamtzahl der Schüler bei 60.

Gerade der Zustrom von externen Schülern ist enorm. Seit 1994 ist die SSF überhaupt offen für „Externe“. Sie kommen überwiegend aus dem Kreis Biberach wie auch aus dem angrenzenden Alb-Donau-Kreis und dem Kreis Ravensburg. 70 der 125 Schüler wohnen im Elternhaus, die anderen in Wohngruppen der St. Elisabeth-Stiftung, gleich neben der Schule.

Ihre Handicaps sind vielfältig: Es gibt Kinder und Jugendliche, die körperlich und geistig beeinträchtigt sind. 35 von ihnen sitzen im Rollstuhl. Viele sind, laut Bernhard Buck, kognitiv relativ fit, aber vielfach verhaltensauffällig. Der Schulleiter verweist auf eine Konzeption, die den Unterricht in der SSF für Schüler mit herausforderndem Verhalten seit Jahren prägt. Dass man hier fachlich fortschrittlich ist, hat sich offenbar auch schon herumgesprochen.  Gemeinsam mit vier weiteren Schulen ist die SSF an einem wissenschaftlich begleiteten Forschungsprojekt mit der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und dem Regierungspräsidium Tübingen beteiligt. Dabei soll am Ende eine wertvolle Handreichung für die Lehrkräfte entstehen.

Migration hingegen sei in Ingerkingen bisher nicht der Grund für größere Klassen: Ein syrisches Kind wurde in der Schule zum neuen Schuljahr aufgenommen, eines im dazugehörigen Schulkindergarten St. Maria in Riedlingen.

Unterrichtet wird nach dem Marchtaler Plan. Auch hier wurde vor vielen Jahren eine spezielle Konzeption für behinderte Schüler geschaffen – in Zusammenarbeit mit dem Stiftungsschulamt der Diözese. Morgenkreis, Vernetzter Unterricht, Freie Stillarbeit sowie Fachunterricht sind hier die wesentlichen Elemente. Seit 2015 heißt die Sonderschule St. Franziskus strenggenommen „Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit den Förderschwerpunkten geistige Entwicklung und körperliche und motorische Entwicklung“. Der neue Name beinhaltet immerhin, dass weit mehr als nur Deutsch und Mathe vermittelt wird. „Unser Ziel ist es, jedes Kind beim Aufbau eines möglichst selbstständigen Lebens zu unterstützen“, formuliert Buck das Hauptziel seiner Schule.

Seit mehr als 100 Jahren werden in Ingerkingen behinderte Kinder schulisch gefördert, seit den 70er-Jahren auch sonderpädagogisch professionell als Schule St. Franziskus. „Wir sind für Inklusion“, unterstreicht der Schulleiter. Aber die Eltern, schätzen das umfassende Angebot am Ort viel mehr. Willkommen sind die Extras, die in der Schule St. Franziskus ohne zusätzlichen Zeit- und Fahraufwand angeboten werden. Die Unterrichtszeit umfasst auch therapeutische Angebote wie Physio-, Ergo-, Musik-, Schwimmtherapie, tiergestützte Therapien mit Hundebesuchsdienst und Heilpädagogischem Reiten, daneben erlebnispädagogische Angebote wie Klettern oder Waldpädagogik in der stiftungseigenen Waldhütte.

Eine Grundstufenklasse kooperiert seit diesem Schuljahr vormittags mit der 1. Klasse der Grundschule Ingerkingen. Die Räume der beiden Klassen liegen nebeneinander.

Dies bietet ideale Möglichkeiten, gemeinsamen Unterricht zu machen, aber auch in getrennten Räumen klassenintern zu unterrichten. Nachmittags sind die Schüler wieder in der SSF, beim Mittagessen, bei speziellem Unterricht, wie Schwimmen, oder bei therapeutischen Angeboten. „Dieses Modell ist in meinen Augen unschlagbar“, unterstreicht Bernhard Buck.

Seit Jahrzehnten ist die Schule an ihre räumlichen Grenzen gekommen. Fünf Klassen sind bereits im benachbarten Haus Maria einquartiert. Knapp ist stets auch die Personaldecke. „Qualifizierte Lehrer zu bekommen ist für uns nicht einfach“, stellt Buck fest. Was für andere Schulen gilt, greift hier noch gravierender. Denn neben der Wissensvermittlung braucht es zusätzliche sonderpädagogische Qualifikationen für die Kinder mit Behinderungen. 59 Lehrkräfte - darunter auch die therapeutischen Lehrkräfte - arbeiten an der SSF, davon viele in Teilzeit und dazu 14 Hilfskräfte. Es braucht pro Klasse für einen gelingenden Unterricht zumindest jeweils eine Fach- und Hilfskraft.

Gottesdienste und religiöse Impulse werden sorgsam gepflegt. „In unserer Schule herrscht trotz der hohen Belastungen ein guter Geist.“ Dass der ersehnte Neubau nun näher rückt, bringt Bernhard Buck und seinem Kollegium verheißungsvolle Perspektiven. „Zumal ich mit einem weiteren Anstieg der Schülerzahlen rechne. Vor allem auch diejenigen mit sozial-emotionalen Problemen werden noch zunehmen.

Vorgesehen ist, die dringend sanierungsbedürftige Schule zu renovieren. Außerdem wird ein Neubau entstehen, der mehr Platz in der Mensa und in weiteren Klassenzimmern schafft. „Für die besonderen Bedürfnisse unserer Schüler brauchen wir einfach mehr Räume“, erklärt Robert Stirner, Sonderschullehrer. „Zum einen benötigen unsere Schüler mit herausfordernden Verhaltensweisen Rückzugsmöglichkeiten und strukturierte Lernräume. Die Pflege unserer Schüler mit körperlicher oder umfassender Behinderung erzeugt auf der anderen Seite einen erhöhten Bedarf aufgrund der therapeutischen Hilfsmittel.“

 

Ein wenig Geschichte
1911 gründeten die Franziskanerinnen von Reute am Standort Ingerkingen ein Kinderheim. 58 Kinder zogen aus Heggbach hier her. Die Heggbacher Einrichtungen waren der Stammsitz der Behindertenhilfe unter der Regie des Klosters Reute. Eine Schulschwester aus Heggbach unterrichtete in Ingerkingen anfangs 20 Kinder. 1922 wurde die Schule am Kinderheim staatlich anerkannt. Während des Nationalsozialismus aufgelöst nahm die Schule 1945 ihre Arbeit wieder auf. 1970 erfolgte die staatliche Genehmigung der „Sonderschule für bildungsschwache Kinder und Jugendliche“. 1978 folgte die staatliche Anerkennung als „Schule für Geistigbehinderte“. 1980 zog die Schule ins Haus St. Franziskus um. 1994 öffnete sie sich im großen Stil für externe Schüler. 2000 folgte ergänzend der Schulkindergarten für Körperbehinderte als kooperativer Kindergarten im Regelkindergarten St. Maria Riedlingen. 

Kinder mit Behinderungen fürs Leben rüsten
Die St. Elisabeth-Stiftung hat für das Projekt Sanierung und Teilneubau der Schule St. Franziskus im Dezember eine Spendenaktion gestartet. „Das jetzige Schulgebäude passt nicht mehr zu unseren Schülern“, unterstreicht Bernhard Buck. Der Rektor ergänzt, dass die nötigen Fach- und Differenzierungsräume für ein gutes Lernen nur zu einem sehr geringen Teil vom Land gefördert werden. Wer das Projekt unterstützen möchte: St. Elisabeth-Stiftung, Konto-Nr. DE18750903000000300500, LIGA-Bank Stuttgart, BIC GENODEF1M05, Verwendungszweck Bau SSF

 

 

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