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21.04.2013
Fachdienst Bildung und Entwicklung, Heggbach

"Jeder hat das Recht auf Abwechslung"

HEGGBACH – Wer mit 65 Jahren aus dem Dienst in der Werkstatt des Heggbacher Wohn- und Werkstattverbundes ausscheidet, kann seinen Freizeit seit Beginn diesen Jahres im Seniorentreff in Heggbach gestalten. 71 Besucher nutzen das Angebot zurzeit.

Da mittels Euthanasie im Nationalsozialismus eine ganze Generation behinderter Menschen ausgelöscht wurde, stellt sich erst jetzt die Frage: Wie können die Mitarbeiter des Heggbacher Wohn- und Werkstattverbunds den Bewohnern Heggbachs einen abwechslungsreichen Alltag ermöglichen, wenn sie im Alter von 65 Jahren die Werkstätten verlassen und ihre Rente antreten? Eine Antwort darauf hat der Fachdienst für Bildung und Entwicklung gefunden: „Parallel zu den Öffnungszeiten der Werkstatt haben wir zu Beginn des Jahres einen Seniorentreff in Heggbach eröffnet“, sagt dessen Leiter Wolfgang Dürrenberger.

 

Verteilt auf vier wohnortnahe sowie altersgerechte Räume nutzen derzeit 71 Senioren das neue Angebot. „Es möchte doch niemand Tag ein Tag aus die selben Menschen um sich haben oder immer im selben Raum sitzen.“ Jeder habe das Recht auf Abwechslung und einen strukturierten Tagesablauf. Darauf aufbauend gestaltet sich das variable Angebot des Seniorentreffs. Neben täglichen Routinen wie dem Mittagessen und Teepausen können die Besucher des Treffs ihren Interessen nachgehen. Alle Arten von Handarbeit, Spiele, Lesen und leichte Arbeiten finden sich darunter. In den Treffs kommen Senioren unterschiedlicher Wohngruppen zusammen. „Es geht um den Erhalt von sozialen Kontakten, der Förderung von Fähigkeiten, der themenorientierten Beschäftigung und um die Vermittlung von Normalität.“ Gemeinsame Ausflüge und Aktivitäten aller vier Treffs gibt es ebenfalls, eine Fahrt in das Maselheimer Kaffee beispielsweise, der Besuch der Kegelbahn, oder die Gymnastik in der Turnhalle.   

 

Zwölf Mitarbeiterinnen kümmern sich um die Senioren. Sie haben sich auf die neuen Stellen beworben und kommen allesamt aus dem Wohngruppendienst. Herauszufinden, ob die älteren Bewohner den Treff besuchen möchten oder nicht, sei nicht immer leicht gewesen. „Will er, kann er sich mitteilen, sollen wir es einfach mal probieren - das mussten wir klären“, sagt Dürrenberger rückblickend. Die Resonanz der Senioren überraschte das Team. Auch jene Besucher, bei denen der dauerhafte Besuch zunächst fraglich war, fühlen sich wohl, sagt der Leiter des Fachdienstes. So war es beispielsweise bei einem blinden Herrn. Auf der Wohngruppe hat er sich nach dem Mittagessen meist in sein Zimmer zurückgezogen und keinen Kontakt zu anderen gesucht. Heute gehe er gerne am Nachmittag in den Seniorentreff und geht mit den Mitarbeitern auf Tuchfühlung.

 

Innerhalb der Heggbacher Wohn- und Werkstattverbunds wird nun weitergedacht. Eine Mitarbeiterin ist dabei, herausfinden, ob es weitere ältere Menschen mit Behinderung gibt, für welche das Angebot in Frage kommt. Speziell wird dabei an die in Familien lebenden Senioren gedacht. „Wir können uns gut vorstellen, den Treff für sie zu öffnen“, sagt Dürrenberger.

 

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