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25.11.2011
Casa Elisa - Sozialpädiatrisches Zentrum, Ravensburg

Hilfe nach dem Viele-Augen-Prinzip

Vor einem Jahr hat das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) der St. Elisabeth-Stiftung in der Casa Elisa in Ravensburg seine Arbeit aufgenommen. Das interdisziplinäre Team des SPZ hat seither über 800 Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsauffälligkeiten aus der Region Bodensee-Oberschwaben betreut.

Keine Frage – Hund Elias muss mit. Wenn Luca am Mittwochnachmittag das SPZ im Gebäude des Ravensburger Kinderkrankenhauses St. Nikolaus besucht, ist sein Lieblingskuscheltier immer dabei.

Luca ist ein ganz normaler Fünfjähriger – und dann doch wieder nicht: „Als er acht Monate alt war, hat er die ersten Anfälle bekommen“, berichtet seine Mutter über ihren Sohn, der Epileptiker ist. Mit den Krampfanfällen einher ging bei Luca auch eine Entwicklungsverzögerung. Die anderen Kinder im Regelkindergarten, den Luca zunächst besuchte, waren zum Beispiel motorisch viel weiter – einen Stift zu halten, war für ihn eine echte Herausforderung. Der Familie war durch die Rückmeldung der Erzieherinnen im Kindergarten bald klar, dass ihr Sohn besondere Unterstützung braucht. Die fanden sie zunächst in der Kinderneurologischen Ambulanz der Oberschwabenklinik, von dort wurden sie weiter ins Sozialpädiatrische Zentrum der Casa Elisa vermittelt. „Die Situation hat sich schnell verbessert“, sagt die Mutter, „mit den Medikamenten haben die Ärzte meinem Sohn wirklich geholfen.“

Die eineinhalb Stunden in der Psychomotorik-Gruppe am Mittwochnachmittag sind so kein Problem für den Jungen, der mit den anderen Kindern herumtollt und sich in der „Autowaschstraße“ vergnügt. Bewegung und soziale Erfahrung stehen bei der Arbeit von Ergotherapeutin Stefanie Buchele und Heilpädagogin Martina Wallner im Vordergrund. Es geht in der Psychomotorik-Gruppe um die soziale Entwicklung des Kindes: Beim Gruppenerlebnis, beim Zuhören lernen, beim „Erst Du, dann ich“.

Stefanie Buchele und Martina Wallner sind mit dem Psychomotorik-Angebot Teil des Ravensburger Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) in der Casa Elisa. Das SPZ ist eine Einrichtung der St. Elisabeth-Stiftung und berät Eltern, die Fragen zur Entwicklung ihres Kindes haben. Um das Angebot des SPZ nutzen zu können, ist die Überweisung eines Kinderarztes notwendig.

Die Arbeit des SPZ umfasst die Diagnostik, Beratung und Therapie mit entwicklungsauffälligen oder behinderten Kindern und Jugendlichen. Die Einrichtung wird von einem Neuropädiater geleitet und arbeitet interdisziplinär. Zum Team gehören Fachleute in den Bereichen Kinderheilkunde, Neuropädiatrie, Psychologie, Heilpädagogik, Sozialpädagogik, Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie, Kunsttherapie, Musiktherapie, Tiergestützte Therapie und eine sogenannte Schreiambulanz.

Die jüngsten Kinder im SPZ sind ein halbes Jahr alt. „Unser Ziel ist das Erkennen von Entwicklungsbesonderheiten, Erkrankungen und Behinderungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt“, betont Nikola Determann, die therapeutische Leiterin. Aber die Arbeit des SPZ ist nicht auf Kleinkinder beschränkt: Der älteste Jugendliche, der hier zurzeit betreut wird, ist 16 Jahre.

Erst vor Kurzem hat das SPZ selbst Geburtstag gefeiert: Seit der Eröffnung im September 2010 hat das Team über 800 Kinder und Jugendliche betreut. Das Einzugsgebiet sind die Landkreise Bodensee, Sigmaringen, Ravensburg und Biberach – die nächsten vergleichbaren Einrichtungen gibt es erst wieder in Konstanz, Ulm und Memmingen.

Bei jedem Fall gilt im SPZ das Viele-Augen-Prinzip, Mediziner und Therapeuten sind immer im engen Austausch miteinander. Die Fachleute legen den Tunnelblick ihrer Disziplin ab und besprechen im Team die Diagnostik und die Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes – eine große Rolle spielt dabei dessen familiäres Umfeld: Wo muss das Kind selbst in den Fokus rücken, wo ist das Problem in der häuslichen Umgebung zu suchen?

„Das Besondere am SPZ ist, dass wir für jedes Problem die entsprechende Fachfrau oder den entsprechenden Fachmann haben“, sagt Nikola Determann. Wer Sprachentwicklungsprobleme hat, ist zum Beispiel bei der Logopädin gut aufgehoben, auf Bindungsproblematiken haben die Psychologin und die Traumatherapeutin ein Auge. Diese Arbeitsweise endet nicht an der eigenen Haustür: „Wir stehen als SPZ im Kontakt mit Therapeuten und Ärzten und kooperieren mit anderen Einrichtungen“, betont Nikola Determann.

Auch für Luca ist so eine gute Lösung gefunden worden: Die Medikation passt, regelmäßig werden per EEG seine Gehirnströme gemessen, er besucht die Psychomotorik-Gruppe - und er wird mittlerweile im Kindergarten sonderpädagogisch betreut.

„Dort fühlt er sich wohl“, freut sich seine Mutter über die Fortschritte, die Luca gemacht hat, „genauso wie in der Mittwochsgruppe. Ich bin froh, dass es das SPZ gibt.“

 

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