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20.02.2012
St. Elisabeth-Stiftung, Bad Waldsee

1888 erste Pfleglinge betreut

MASELHEIM - Der Vortrag unter dem Thema "Ein Anfang und was daraus wurde" bildete am Mittwochabend den würdigen inhaltlichen Auftakt in das Jubiläum "125 Jahre Heggbach – Menschen mit Behinderung: Mitten im Leben!". Mehr als 80 Besucher kamen ins Rathaus nach Maselheim.




Die Franziskanerinnen von Reute haben Heggbach durch ihre gelebte Menschlichkeit geprägt. Der Heilige Franziskus hat das Leitbild der Franziskanerinnen "Gott in der leidenden Menschheit zu dienen" geprägt. Das Denken, Handeln und Leben des Franz von Assisi zog sich wie ein feiner Faden durch die Ausführungen von Generaloberin Schwester Paulin Link. Sie griff den Titel des Vortrags "Ein Anfang und was daraus wurde" auf und sagte: "Wenn wir 125 Jahre Heggbach feiern, ist es auch gut, sich an die Anfänge zu erinnern." Wie sie betonte, reichen die Wurzeln bis zu Gott zurück. "Er legte den Grundstein. Er machte den Anfang." Der heilige Franziskus pries Gott, hatte ein großes Herz für die Schöpfung Gottes und für die Menschen. "Und er setzte das Gute, das ihm Gott eingegeben hatte, um." 
Nach dem Leitsatz von Franziskus "Gott in der leidenden Menschheit dienen" gründeten fünf Frauen im Jahr 1848 eine Ordensgemeinschaft in Ehingen und sahen ihren Grundauftrag in der Hilfe für Kranke, Alte, Kinder und Behinderte. 1870 gelangte die damalige Gemeinschaft der "Schwestern der Barmherzigkeit" ins oberschwäbische Reute bei Bad Waldsee, wo bis heute das Mutterhaus der Franziskanerinnen von Reute ist. 
Ihre Blütezeit erlebten die Franziskanerinnen um das Jahr 1940, als 1786 Schwestern dem Orden angehörten. Um die Jahrhundertwende wurden zahlreiche Einrichtungen von dem Orden getragen, 1937 waren die Außenstationen auf 276 angewachsen. 
Bereits im Jahr 1887 hatte Fürst Franz von Waldburg-Wolfegg den Franziskanerinnen von Reute das frühere Zisterzienserkloster in Heggbach geschenkt, um dort eine Pflegeanstalt zu eröffnen. "Das war der Anfang von unserem Heggbach mit der Ausrichtung, Gott in der leidenden Menschheit zu dienen", markierte die Generaloberin. 1888 kamen die ersten Pfleglinge nach Heggbach, 1890 waren es schon 130 Menschen, die in der Gesellschaft ausgegrenzt waren und in Heggbach eine Heimat gefunden hatten. Brände, Hunger und Krankheit erschwerten das Leben dort. Als Eckstein im sozialen Gefüge bezeichnete Schwester Paulin, dass sich ab 1908 der Staat an den Pflegekosten der Pfleglinge beteiligt habe. 1909 wurde eine Schule eröffnet. Aus der Chronik zum 25-jährigen Jubiläum der Einrichtung habe sie entnommen, dass bis 1912 immerhin 1279 Menschen betreut worden waren. Heggbach wurde durch die angegliederte Landwirtschaft zum Selbstversorger und hatte durch Handwerk Einnahmequellen. 
Mit ernster Stimme berichtete sie aus der schweren Zeit des Nationalsozialismus. 193 Menschen mit Behinderung aus Heggbach und 72 aus Ingerkingen sind durch die Nazis brutal ermordet worden - ein denkwürdiger und dunkler Einschnitt in der Geschichte Heggbachs. Es müsse heute alles getan werden, dass nie wieder ein Menschenleben als unwert oder unnütz ausradiert wird.
Als Heggbacher Einrichtungen neu organisiert, konnte 1974 die erste Werkstatt für Behinderte eröffnet werden. Um die Fülle der Aufgaben auch künftig nach bestem Grundsatz zum Wohl der Menschen meistern zu können, seien im Jahr 2000 alle sozialen Einrichtungen der Franziskanerinnen von Reute in die St. Elisabeth-Stiftung gegeben worden. "Ordensschwestern und die Mitarbeiter tragen dieses gemeinsame Werk weiter. Es gibt so viele Menschen mit Liebe und Fachkompetenz. Und beides brauchen wir, um den Menschen mit Behinderung Anteil am Leben, an der Gesellschaft und an der Kirche zu ermöglichen." Nach den Worten der Generaloberin ist Heggbach ein geschützter Ort, der Freiheit und Zuhause bietet, eine Heimat und gelebte Menschlichkeit. Das unterstrich auch Maselheims Bürgermeister Elmar Braun. "Die Geschichte von Heggbach ist auch die Geschichte unserer Gemeinde." 
 

 

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