Schließen Menü
26.09.2013
Geschäftsbereich Altenhilfe allgemein

Häusliche Pflege hat Wert

Diakonie und Caritas schlagen Alarm: Die Krankenkassenvergütungen reichen dauerhaft nicht für wirtschaftliches Arbeiten und fürs Überleben ihrer ambulanten Dienste aus. Der politische Leitspruch „Ambulant vor stationär“ wird zur Farce. Mit einer Unterschriftenaktion soll die Überprüfung der derzeitigen Situation erreicht werden. Am 27. September gestaltet die Arbeitsgemeinschaft Sozialstationen Oberschwaben auf dem Ravensburger Marienplatz eine Aktion, bei der sie über ihre Arbeit informieren, aber vor allem auch auf ihre unbefriedigende wirtschaftliche Situation aufmerksam machen möchten. Die Beteiligten hoffen auf viele interessierte Besucher und Unterstützer.

Dietmar Schlegel*, lebt in einem kleinen oberschwäbischen Weiler. Der 81-Jährige leidet an Demenz und neigt vermehrt zu Stürzen. Der ambulante Pflegedienst macht bei einem Hausbesuch die Blutzuckerkontrolle, eine subkutane Injektion, die Medikamentengabe, die beidseitige Augentropfengabe und übernimmt das Anziehen von Kompressionsstrümpfen. Die AOK zahlt dem Dienst pro Besuch 9,04 Euro. Drei Mal die Woche erhält Martha Menig* zwei aufwändige Verbandswechsel beider Fersen sowie einen neuen Verband am Steißbein. Eine Drainage wird versorgt und verbunden. Dafür bekommt die Sozialstation 17,40 Euro von der AOK. In beiden Fällen sind die Kosten für die Anfahrt und die Dokumentation bereits inbegriffen. Die Krankenkassen haben unterschiedliche Vergütungssätze, die aber in ihrer Höhe vergleichbar sind.

Zwei von unzähligen Beispielen aus dem Alltag ambulanter Pflegedienste. Deren Hilfe soll einerseits sicherstellen, dass Menschen so lange wie möglich zu Hause leben können. Andererseits dient die Arbeit der Profis der Entlastung pflegender Angehöriger. Folgekosten wie etwa durch Krankenhausaufenthalte wegen Überlastung können vermieden werden.

 

Vergütung nicht wirtschaftlich

Nur hat die Sache den Haken, dass die Sozialstationen bei diesen Sätzen nicht kostendeckend arbeiten können. Bei den kirchlichen Sozialstationen sind die Kosten in den vergangenen neun Jahren um 17 Prozent gestiegen, während die Vergütungen durch die Krankenkassen im gleichen Zeitraum lediglich um acht Prozent angehoben haben. Dabei haben Gesundheitsfonds und Krankenkassen durch die gute Situation am Arbeitsmarkt Rücklagen von etwa 29 Milliarden Euro gebildet. Für die Pflichtleistung häusliche Krankenpflege, inklusive Haushalts- und Betriebshilfe geben die Krankenkassen gerade einmal 2,1 Prozent ihrer Gesamtausgaben aus.

Hinzu kommt, dass die bürokratischen Anforderungen für die Pflegekräfte deutlich zugenommen haben. 40 Prozent müssen sie mittlerweile für die Dokumentation (2012: Statistisches Bundesamt) aufwenden. Dies schluckt viel Geld. Und die kostbare Zeit fehlt bei der Versorgung der Patienten.

 

Petition soll Sachlage klären helfen

Mit einer von der Arbeitsgemeinschaft Altenhilfe der Erzdiözese Freiburg initiierten Kampagne machen Diakonie und Caritas in Baden-Württemberg auf diese vertrackte Situation aufmerksam. Sie möchten über eine Petition erreichen, dass der Gesetzgeber die derzeitige Sachlage prüft und womöglich korrigiert. Erklärte Ziele sind unter anderem die Refinanzierung der tarifbedingten Kostensteigerungen, die konsequente Umsetzung von „ambulant vor stationär“ und die Entbürokratisierung.

Die Aktion der Arbeitsgemeinschaft der Sozialstationen Oberschwaben findet statt am Freitag, 27. September von 11 bis 16 Uhr vor dem Postgebäude auf dem Ravensburger Marienplatz. Sie ist Teil einer ganzen Aufklärungsserie in Baden-Württemberg. Die Fachkräfte informieren selbstverständlich auch über ihre Arbeit in der häuslichen Pflege und bieten an dem Tag kostenlose Blutzucker- und Blutdruckmessungen an.

Mehr Informationen finden Sie hier.

Link kopieren