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17.04.2014
Jordanbad, Biberach

April 1889: Franziskanerinnen eröffnen erste ärztlich geleitete Kneippkuranstalt

BIBERACH - Am 23. April 1889, also vor 125 Jahren, haben die Franziskanerinnen von Reute im Biberacher Jordanbad die erste ärztlich geleitete Kneippkuranstalt Deutschlands gegründet. Das wird am Ostersonntag mit einem Abendgebet und am Ostermontag mit einem Gottesdienst gefeiert. 1888 hatte Generaloberin Mutter M. Rosa Bauer das Bad für ihren Orden erworben. Die Franziskanerinnen führten die damals bereits rund 500-jährige Geschichte des Bads fort. Mit großem Erfolg, bis nach der Jahrtausendwende eine Neuausrichtung notwendig wurde. Drei Schwestern, die noch im „alten“ Jordanbad ihren Dienst taten, erzählen von früher.

„Güsse, Bäder, Fango, Massagen, Heusäcke, Lehmwickel, Krankengymnastik“ - Sr. Maria Gilberta Fuchs, von 1986 bis 2001 im Jordanbad im „Oberen Kurhaus“ tätig als Hauswirtschafterin, Krankenschwester „und Mädchen für alles“, erinnert sich an die Verordnungen, die die Kurgäste erhielten. Und natürlich an zwei zentrale Orte für die Kneipp-Gänger: „Ganz besonders gerne genutzt wurden die zwei Wassertretstellen“, sagt die 82-Jährige, die heute noch im Alten- und Pflegeheim der Franziskanerinnen auf dem Klosterberg in Reute tätig ist. Wassertreten ist bis jetzt ein Anziehungspunkt im Jordanbad geblieben.

Ein Anziehungspunkt ist das Jordanbad, seitdem es die Schwestern übernommen haben. Nicht nur zahlreiche Bischöfe aus dem In- und Ausland haben hier ihren Urlaub verbracht – viele Menschen aus ganz Oberschwaben und weit darüber hinaus kommen bis heute regelmäßig. Sie alle kamen und kommen wegen der besonderen Heilkraft des Wassers des Mineralbads, das als „Hof am Wasacher Berg“ im Jahr 1258 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Über Jahrhunderte diente es als „Spitalbad“ des Heilig-Geist-Spitals Biberach dazu, Kranke zu heilen. Der Überlieferung nach waren es Kreuzritter, die den Quellen des Jordanbergs eine unterirdische Verbindung zum Fluss Jordan im Heiligen Land nachsagten – eine der Antworten auf die bis heute ungeklärte Frage, wie das Jordanbad zu seinem Namen kam.

Diese Tradition des Heilbads führten die Franziskanerinnen von Reute mit der Kneippkuranstalt fort. Vor allem wegen Sebastian Anton Kneipp, dem bayerischen Priester, Wassertherapeuten und Namensgeber der Kneipp-Medizin, wurde das Jordanbad ein Publikumsmagnet. Pfarrer Kneipp besuchte in den Anfangsjahren insgesamt drei Mal „sein“ Bad, das mit seiner Therapie über 100 Jahre lang Erfolge feierte.

„Wir hatten im Speisesaal im Sommer regelmäßig 170 Gäste“, erinnert sich Sr. Maria Godeharda Frech, 88 Jahre alt, 1989 bis 2004 im Jordanbad tätig. Sie war Hauswirtschaftsleiterin im Haus Martha und zuständig für die Lehrlingsausbildung im Bereich Hauswirtschaft. Der Kurbetrieb bot zu den Hoch-Zeiten 120 Betten, dazu kamen noch einmal 42 Betten in dem kleinen Krankenhaus, wohin Patienten nach einer Hüft-, Knie- oder Krebs-OP zur Nachsorge kamen.

Kassen-Patienten waren aber nur ein Teil des Publikums. „Es waren viele private Kunden aus der sogenannten `besseren Gesellschaft´, die das Jordanbad nach dem Krieg besuchten“, berichtet Sr. Maria Simone Hirnstein, 81 Jahre alt und von 1995 bis 2004 Oberin und Mitglied der Klinikleitung im Jordanbad – sie ist heute noch im Bildungshaus des Klosters tätig. Neben Bischöfen zählten „Pfarrer, Professoren und Doktoren“ zum Publikum. Viele kamen lange – „vier oder fünf Wochen zu bleiben, war normal“, erzählt Sr. Godeharda. „Mancher kam für Monate.“

Besonders um die Feiertage herum war das Jordanbad ausgebucht. Gerne erinnern sich die Schwestern zum Beispiel an Sylvester: „Das Haus war voller Gäste, denen wir einen festlichen Abend geboten haben“, sagt Sr. Simone. „Gegen Mitternacht wurde es besinnlich. Um 24 Uhr haben alle `Großer Gott wir loben Dich´ angestimmt. Ein Gast hatte das einmal vorgeschlagen und es ist Tradition geworden – immer ein sehr schöner Moment.“ Legendär muss auch die Fasnet im Jordanbad gewesen sein.

Legenden und Geschichten rund um das Bad haben die Schwestern eine Menge zu erzählen. Zum Beispiel die von der großen Suche nach Thermalwasser in den 80er Jahren. Da wurde gebohrt - bis in 750 Metern Tiefe hinunter. Aber es kam und kam nicht das ersehnte heiße Wasser. „Da sind sie zu uns Schwestern gekommen und haben gesagt: Betet bei der Guten Beth, dass wir noch auf Thermalwasser stoßen“,  erinnert sich Sr. Godeharda. Und siehe da – wenig später wurde man in über 900 Metern Tiefe endlich fündig.

Das heiße Wasser war jetzt da, aber in den 90er Jahren blieben die Gäste zunehmend weg. „Es wurde schlichtweg versäumt, bei LVA und BfA Kur-Betten zu besorgen“, sagt Sr. Simone selbstkritisch. Auch das private Stammpublikum blieb immer kürzer – oder starb einfach weg. Ende der 90er Jahre war klar: Es geht so nicht weiter. „Das Jordanbad passte nicht mehr in die Zeit.“ Im Jahr 2000 war das Bad zusammen mit anderen Einrichtungen der Franziskanerinnen in die St. Elisabeth-Stiftung eingestiftet worden. Dort stand man vor der Frage: Schließung oder Neukonzeption mit Komplett-Umbau? Die Stiftung entschied sich dafür, die Tradition des Ordens weiterzuführen.

Das Jordanbad wurde zu dem modernen Thermalbad, das heute mit seinem vielseitigen Angebot jeden Tag Hunderte Besucher anzieht. Aber für die Franziskanerinnen ging dennoch eine Ära zu Ende: 2000 lebten immerhin noch 28 Schwestern im Jordanbad-Konvent – in jedem Haus war immer mindestens eine von ihnen präsent. Für die Sanierung musste geschlossen werden. Besonders schlimm war für Sr. Simone der Abschied von den Angestellten: „Am Ende mussten wir über 100 Leuten kündigen – das war alles andere als eine einfache Zeit.“

Danach hieß es: „Räumen, Räumen, Räumen – bis wir die Häuser leer hatten“, berichtet Sr. Gilberta. Die Franziskanerinnen blieben ihrer Mentalität dabei treu: Nichts wird weggeworfen, was noch gut ist. Noch jahrelang konnten Sammler und Nostalgiker auf dem Flohmarkt beim jährlichen Jordanbad-Sommerfest Inventar aus dem alten Bad zu kaufen. Und allein 16,5 Tonnen Material gingen an eine Missionsstation auf Madagaskar.

Die St. Elisabeth-Stiftung feiert das ganze Jahr hindurch „125 Jahre Jordanbad“ mit unterschiedlichsten Angeboten:

 

  • Oster- und Pfingstferien: Alle 10jährigen (außer Gruppen) haben freien Eintritt in die Sinn-Welt. Täglich um 15.30 Dunkelerlebnis für Klein und Groß.
  • 20. April 2014: 19 Uhr österliches musikalisches Abendgebet mit der Gruppe "Kapellenklang"
    Kirche St. Johannes
  • 21. April 2014: 10.00 Uhr Festgottesdienst "125 Jahre Franziskanerinnen im Jordanbad" in der Kirche St. Johannes, musikalische Mitgestaltung Harfe, Gitarre und Orgel
  • 03. Mai 2014: Spirituelle Spurensuche - im Gehen um den Jordanberg der Geschichte des Jordanbads nachspüren, Gemeinschaft erfahren und die Kraft Gottes in der Natur entdecken. Uhrzeit: 14 – 16 Uhr, Treffpunkt: Franziskuskapelle
  • 17. Mai 2014: Freier Eintritt für "Sebastians" anlässlich des Geburtstages von Pfarrer Sebastian Kneipp bekommen alle mit dem Namen Sebastian freien Eintritt in die Therme und die Sinn-Welt Der Kneipp-Verein Biberach bietet um 15 Uhr eine Führung in der Kneipp-Ausstellung zum Leben von Pfarrer Sebastian Kneipp mit anschließenden praktischen Anwendungen am Kneipp-Becken an.
  • 12. Juli: Open-Air Konzert mit "Mama Duke"
  • 13. Juli: Sommerfest Jordanbad mit Klostermarkt

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