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15.07.2010
Kinder-Jugend-Familie

Fachtag Autismus stößt auf großes Interesse

Am vergangenen Montag hat der Heggbacher Wohnverbund der St. Elisabeth-Stiftung im Parkhotel Jordanbad in Biberach einen Fachtag zum Thema Autismus veranstaltet. Die Resonanz war groß, die 125 Plätze der Tagung waren bereits seit langem ausgebucht.

Der Leiter des Heggbacher Wohnverbundes, Adolf Ilg, eröffnete den Fachtag mit einem Plädoyer dafür, im Geiste der UN-Behindertenrechtskonvention für Menschen mit Autismus die Themen Bildung, Rechts- und Handlungsfähigkeit, Barrierefreiheit und unabhängige Lebensführung neu anzugehen: „Wir sollten in unseren Kindertagesstätten, Schulen, Bildungseinrichtungen, Wohnhäusern und Werkstätten mehr über Autismus und andere Handicaps wissen. Und wir müssen uns fragen, welche Kompetenzen wir brauchen, damit die schulische, berufliche und damit gesellschaftliche Integration dieser oft hoch intelligenten Menschen gelingen kann.“ Es gelte, neue Zugänge und Assistenzleistungen zu erschließen, so Ilg. Sabrina Hecht, Psychologin im Biberacher Service-Haus des Heggbacher Wohnverbunds und für die Organisation des Fachtags zuständig, knüpfte an diese Worte an: „Weil eigentlich kein Autist in ein bestimmtes Schema passt, stehen wir oft vor einem Rätsel. Immer wenn man denkt einen guten Zugang oder die eine gute Methode gefunden zu haben, muss man sie bei einem anderen Kind neu überdenken und oft auch ganz umstellen.“

 

 

Dass zum Thema Autismus offensichtlich großer Informationsbedarf besteht, wurde gleich zu Beginn des Tages deutlich: 125 Teilnehmer – Therapeuten, Erzieher, Pädagogen, Angehörige und Betroffene – aus ganz Süddeutschland drängten zu dem informativen und kurzweiligen Vortrag von Stefan Meir. Der leitende Psychologe der Psychiatrischen Institutsambulanz der Liebenauer St. Lukas-Klinik ging der Frage nach „Was ist dran am Autismus und was kann man tun?“. Eine seiner Schlüsselaussagen „Wer einen Autisten kennt, kennt einen Autisten“ machte den Kern seiner Botschaft deutlich: Um autistischen Menschen tatsächlich helfen zu können, bedarf es individueller Lösungen und neuer Ansätze. Gleichzeitig empfahl er, nicht übereifrig zu sein und auch autistischen Menschen deren Eigenheiten zu lassen. Schließlich habe jeder Mensch besondere Vorlieben und Abneigungen: „Ein bisschen autistisch sind wir alle.“

 

Dr. Anne Häußler, Diplom-Pädagogin und -Psychologin stellte anhand von praxisnahen Beispielen den TEACCH-Ansatz zur Förderung von Menschen mit Autismus vor. TEACCH stammt aus den USA und steht für „Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children“. Im Zentrum des Ansatzes stehen klare Strukturierungshilfen, die Menschen mit Autismus nicht nur Orientierung und Sicherheit bieten, sondern ihnen auch Wege zum eigenen Handeln eröffnen.

 

Nach einem gemeinsamen Mittagessen im Parkhotel des Jordanbades sprach Hermann Danne fundiert und ausführlich über die theoretischen Ansätze von Applied Behaviour Analysis und Verbal Behaviour, – eine ebenfalls in den USA entwickelte Methode zur Behandlung des frühkindlichen Autismus, die vielen Experten als derzeit wirksamste gilt.

 

Im vierten Vortrag des Tages berichteten Jutta Mühlig und Yvonne Schwarzbach dann sehr anschaulich aus ihrem Alltag von der Arbeit und den Angeboten der „Praxis Autismus“, die in Karlsruhe Einzeltherapie, Co-Therapie und Sozialtrainings für Menschen mit Autismus anbietet.

 

Alles in Allem war es ein lehrreicher Tag zum Thema Autismus. Zwar machte allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieses Fachtages die extreme sommerliche Hitze zu schaffen, doch waren die Themenbereiche der einzelnen Fachvorträge gut und sich gegenseitig ergänzend ausgewählt und von den Experten so kurzweilig dargeboten, dass am Ende alle sehr zufrieden waren. Sabrina Hecht aus dem Service-Haus Biberach freute sich über die durchweg positive Resonanz. Adolf Ilg, Leiter des Heggbacher Wohnverbundes der St. Elisabeth-Stiftung, sagte: „Mit diesem Fachtag haben wir die Interessenslage präzise getroffen.“ Daher bedauerte Ilg auch ein wenig, dass nicht alle Anmeldungen berücksichtigt werden konnten, weil die Anzahl der Interessierten den Platz im Veranstaltungssaal bei weitem überstieg.  

 

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