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22.09.2014
Heggbacher Wohnverbund

Gehörlosenandacht findet 40 Anhänger

HEGGBACH – Wie kann man sich eine katholische Andacht für Menschen vorstellen, die kaum bis gar nichts mehr hören können? Kürzlich gab es in der Kirche Heggbach wieder Gelegenheit, diese Form eines Gottesdienstes zu erleben.

Die Runde war noch überschaubar, aber mit rund 40 Menschen gut besucht für einen besonderen Gottesdienst wie diesen. Die Besucher kamen aus Bad Waldsee und Biberach, aber auch aus weiter entfernten Orten wie Salem. Diakon Karl-Josef Arnold von der Hörgeschädigtenseelsorge der Diözese Rottenburg-Stuttgart machte die Runde und begrüßte die meisten Kirchgänger persönlich. Überall sah man lachende Gesichter und heiteren Austausch in Gebärdensprache. "Die meisten Leute kennen sich hier. Die Gehörlosen sind wie eine große Familie", erklärte Diakon Arnold hinterher. Er betreut ein Viertel des Gebietes der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Dafür hat er eigens Gebärdensprache erlernt.

Die Andacht begann wie üblich mit Gesang. Die Heggbacher Schwestern führten den Gesang in Lautsprache an, ein vierköpfiger Gebärdenchor visualisierte die Musik mit Mimik und Handgesten. Der Gebärdengesang ist eine eigene Kunstform, es gibt in jedem Teilbereich der Diözese einen Gebärdenchor. "Der Gesang ist Gebärdenpoesie, vermittelt die Inhalte und die Stimmung des Liedes durch optische Zeichen", erläuterte Diakon Arnold anschließend.

Die Andacht umfasste die bekannten liturgischen Elemente, wie Psalm, Fürbitten und Vaterunser. Die Gemeindemitglieder hefteten rote Herzen mit Buchstaben aus dem Fingeralphabet an eine Schnur vor dem Altar. Darauf standen die Anfangsbuchstaben von Worten, nach denen die Gemeinde für sich bittet, wie zum Beispiel "Hoffnung" und "Verzeihen". Diakon Arnold sprach während des Gottesdienstes langsam mit deutlichen Mundbewegungen, die er durch Gesten unterstützte ? sogenannten "Lautbegleitenden Gebärden". Immer wieder sprach Schwester Leonie Voitenleitner, Seelsorgerin des Pastoralen Dienstes in Heggbach, Texte, die Diakon Arnold dann simultan in der Deutschen Gebärdensprache übersetzte. Die DGS ist eine eigenständige Sprache, die anders aufgebaut ist als die gewöhnliche deutsche Sprache.

Nach der Andacht feierten die Besucher im Garten vor der Kirche zusammen ein Grillfest. Diakon Arnold gab den Grillmeister und die Heggbacher Franziskanerinnen bewirteten mit Getränken. Die hörgeschädigten Kirchgänger, die am Gottesdienst teilnahmen, so stellte sich bei den Gesprächen heraus, sind Menschen mit Berufen und Familien, die sozial mitten im Leben stehen. Sie sind gut vernetzt in Vereinen, beispielsweise dem Gehörlosenverein Biberach und dem Hörgeschädigtenvereinen Friedrichshafen, Ravensburg und Wangen. Der Tag heute war für sie wie ein jährliches Fest in der Kirchgemeinde, bei dem sie vielen Bekannten begegnet sind und Freude miteinander hatten.

 

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