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24.10.2009
Wohnpark St. Josef, Altshausen

Eine Depression ist auch im Alter heilbar

Im Rahmen der „Woche der offenen Türen“ im Wohnpark St. Josef hat Dr. Michel Marpert vom Zentrum für Psychiatrie Weissenau am Donnerstagnachmittag vor einem interessierten Kreis älterer Menschen über Erkrankungen im Alter gesprochen. Marpert, Oberarzt der Alterspsychiatrie und Leiter der alterspsychiatrischen Institutsambulanz der Weissenau, ging in seinem einstündigen Vortrag auf jene psychiatrischen Erkrankungen ein, die im höheren Lebensalter häufig auftreten: Demenz, Depression sowie Wahn- und Suchterkrankungen.

Jeder Mensch kann in eine Krise geraten. Fachleute schätzen, dass etwa 80 Prozent aller Bewohnerinnen und Bewohner in Altenpflegeheimen gerontopsychiatrische Veränderungen aufweisen. Nach der Alzheimer-Demenz ist die Depression die zweithäufigste seelische Alterserkrankungen. Ihre Ursachen, so Dr. Michel Marpert, können vielfältig sein. Als Beispiele nannte er die Trauer um und der Verlust von Wegbegleitern, Sorgen aufgrund von körperlichen Krankheiten, aber auch die Sinnfrage: Was fange ich mit mir, mit meinem Leben noch an? Gerade das Alter sei jene Lebenszeit, in welcher Verluste oft im Vordergrund stünden. In der Regel benötige ein Mensch etwa ein Jahr, um über Derartiges hinweg zu kommen. Manchmal jedoch könne aus der Traurigkeit auch eine leichte Depression werden. Diese, so Marpert, sei – wie auch schwere Depressionen –  heil- und überwindbar.

 

Neben speziellen Medikamenten helfe oft eine Verhaltensänderung oder, wenn angezeigt, eine Psychotherapie. Marpert: „Eine Depression kann auch eine Chance sein, das Leben neu anzupacken. Denn sie zeigt dem Betroffenen auf: Du lebst gegen die eigene Natur.“ Das Wichtigste sei, weiterhin jene Dinge zu tun, die vor der Traurigkeit Freude bereitet haben. „Die Verhaltenstherapie hat gezeigt: Das funktioniert tatsächlich!“, so der Arzt. Das Problem sei jedoch, dass die eigene Motivation dafür, je nach Schwere der Depression, eventuell nicht mehr ausreiche. Dies sei der richtige Moment, sich mit „geborgten Kräften“  zu motivieren. Das können Medikamente sein, die Antrieb geben oder auch Angehörige, Freunde oder pflegende Personen. Bedenken gegen Medikamente, die aus dem Zuhörerkreis vorgetragen wurden, stellte Marpert ein Beispiel aus einem anderen medizinischen Bereich entgegen: „Bei einem gebrochenen Arm wird ganz selbstverständlich ein Gips angelegt. So gut wie dieser Gips bei der Heilung des gebrochenen Armes helfen kann, so gut können Medikamente zur Heilung einer Depression beitragen.“

 

Nachdem der Referent kurz auf Wahnerkrankungen eingegangen war, die jedoch meist nicht aufgrund des hohen Lebensalters entstehen, sondern häufig schon seit Jugendjahren im Leben eines Betroffenen eine mehr oder minder große Rolle spielten, widmete er sich dem Suchtbereich. Gerade Suchterkrankungen seien im Alter durchaus keine Seltenheit – allerdings werde oft nicht darüber gesprochen, so sie überhaupt als solche erkannt würden. Eine Form der Suchterkrankung ist die Abhängigkeit von Medikamenten. „Dazu gehört immer auch ein Arzt, der die Medikamente verschreibt“, so der kritische Hinweis des Psychiaters. Eine weitere, nicht zu unterschätzende Suchterkrankung im Alter sei die Alkoholabhängigkeit. 

 

Völlig fehl am Platze sei es, hier zu moralisieren oder streng zu mahnen. Gegen das Gefühl der Einsamkeit, inneren Leere und dem Drang zur Flasche helfe Zuwendung sehr viel mehr: „Gerade alte Menschen trinken, weil sie sich alleine fühlen.“ Gleichwohl sei gerade im höheren Lebensalter die Chance, der Sucht zu entsagen, größer  als in jungen Jahren. Ausschlaggebend seien vor allem die Einsicht und der Wille, ohne Suchtmittel zu  leben.

 

Am Ende seines Vortrages und seiner eingängigen Ausführungen auf die Fragen aus dem Kreis der Interessierten erhielt Dr. Michel Marpert dankenden Beifall. Die „Woche der offenen Türen“ im Wohnpark St. Josef der St. Elisabeth-Stiftung endet am Sonntag mit einem Gottesdienst in der Kapelle des Wohnparks und dem sich daran anschließenden fröhlichen Frühschoppen im Cafe. Es spielt die Gruppe „‘S bast scho“ mit Manne Wadraff und Georg Rundel Musik aus den 50er, 60er und 70er Jahren.

 

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