Schließen Menü
20.10.2007
Wohnen und Begleiten Ingerkingen

Behinderte Jungen und Mädchen erfahren ihre Sinne in der Natur

INGERKINGEN – Der Förderverein der Schule St. Franziskus hat für die behinderten Jungen und Mädchen der Schule eine Schutzhütte im Wald von Ingerkingen gebaut. „Diese Schutzhütte hat eine besondere Bedeutung für die Waldpädagogik unserer Schule“, sagt Bernd Schalkham, Lehrer an St. Franziskus, „jetzt können wir auch mit schwerst-mehrfachbehinderten Schülerinnen und Schülern Unterricht in der freien Natur gestalten.“

Gerade einmal zwei Kilometer sind es von der Schule St. Franziskus bis an den Rand des Waldes von Ingerkingen. Eigentlich ein Katzensprung, ein kleiner Spaziergang.  Aber für einen Menschen mit einer körperlichen Behinderung eine echte Herausforderung.

Mehrmals pro Woche suchen Klassen der Freien Katholischen Schule St. Franziskus, die zu den Heggbacher Einrichtungen gehört und von Schülerinnen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung besucht wird, gezielt diese Herausforderung. Das Ziel: Die Natur mit allen Sinnen erfahren und im wahrsten Sinn des Wortes ein Gespür für die Umwelt entwickeln.

Waldpädagogik ist ein fester Bestandteil der pädagogischen Arbeit der Schule. Allerdings hatten die Lehrerinnen und Lehrer bisher mit einer Einschränkung zu kämpfen: Ihren schwerst-mehrfachbehinderten Schülerinnen und Schülern konnten sie das Erlebnis Wald nur bedingt bieten. Der Transport in den Wald war noch das kleinste Problem. Aber wie die Pflege gewährleisten, die Schwerstmehrfachbehinderte über den (Schul-)Tag benötigen? Und wohin, wenn es regnet?

Deshalb ist an der Schule schon vor zwei Jahren die Idee einer Schutzhütte im Wald aufgekommen. Im vergangenen Jahr ging es in die konkrete Umsetzung, die Behörden unterstützten das Projekt. Jetzt steht die Holzhütte auf einer Lichtung etwas abseits des Weges. Jüngst feierte die Schule die Einweihung.

Kein Wasser, kein Strom – das war die Auflage, entstanden ist eine reine Schutzhütte. Aber bei Regen haben die Schulklassen jetzt ein Dach überm Kopf, in einem separaten Raum ist es möglich, Windeln zu wechseln oder jemanden umzuziehen. Um die Hütte herum gibt es vielerlei Möglichkeiten, sich zu betätigen: Holz hacken, sägen – oder einfach in einer Hängematte, die von Baum zu Baum gespannt ist, den Wald mit seinen Gerüchen und Lauten erleben. „Gerade Menschen, die weder laufen noch sprechen können, bietet die freie Natur ganz besondere Erlebnisse“, sagt Bernd Schalkham, einer der beiden Lehrer, die für das Projekt verantwortlich sind.

„Unsere Schülerinnen und Schüler haben jetzt ein konkretes Ziel, wenn sie in den Wald gehen“, berichtet der Pädagoge, „wenn ein Schüler, dem die eigenen Eltern höchstens 300 Meter zu Fuß zutrauen, die zweieinhalb Kilometer bis zur Hütte schafft, ist das für mich schon ein toller Erfolg.“ Hervorragende Möglichkeiten bietet die Hütte auch für den vernetzten Unterricht, zentraler Bestandteil des „Marchtaler Plans“, des pädagogischen Konzepts der Katholischen Freien Schulen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. „Wenn die Schüler wissen, dass sie für einen Tag im Wald einen Einkaufszettel planen, dann auf dem Markt einkaufen gehen, Holz machen und schließlich zusammen kochen, sind sie hoch motiviert“, betont Schalkham.

Gestiftet hat die Hütte der Förderverein der Schule St. Franziskus Ingerkingen und des Schulkindergartens St. Maria Riedlingen eV. In den Holzwänden, im Dach und im Fundament stecken über 60.000 Euro – erbracht als Sachspenden von Handwerkern der Region oder als direkte finanzielle Zuwendung. „Ich freue mich, dass uns so viele Menschen bei diesem Projekt unterstützt haben“, sagt Theo Rehm, Lehrer an der Schule St. Franziskus und zugleich Vorsitzender des Fördervereins. Glückwünsche, Lob und Dank kamen bei der Einweihung durch Pfarrer Eugen Höschle am vergangenen Freitag von Wilhelm Riemann, Leiter des Kinder- und Jugendbereichs Ingerkingen, Schulleiter Bernhard Buck und Annemarie Strobl, Vorstand der St. Elisabeth-Stiftung, zu der die Heggbacher Einrichtungen gehören.

 

Link kopieren