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15.12.2007
Service-Haus Biberach

„Da geht einem das Herz auf“

Es ist eine außergewöhnliche Familie, die am Abendbrottisch sitzt: Inge Blaich hat Menschen mit einer geistigen Behinderung aufgenommen, um ihnen ein Leben in einer ganz normalen Familienatmosphäre zu ermöglichen. Das „Betreute Wohnen in Familien“ der Heggbacher Einrichtungen soll Schule machen – weitere Familien im Landkreis Biberach, dem Alb-Donau-Kreis und der Stadt Ulm werden gesucht.

An den Wänden hängt für jedes Familienmitglied ein Adventskalender, glitzernde Weihnachtssterne schmücken die Fenster: Gemütlich sieht es aus im Haus von Inge Blaich in Ummendorf. Mit am Tisch sitzt Bianka Geiger, 30. Zehn Jahre lang lebte sie in einer Außenwohngruppe der Heggbacher Einrichtungen – jetzt hat sie sich entschieden, das Angebot „Betreutes Wohnen in Familien“ anzunehmen. „Mir gefällt diese familiäre Atmosphäre hier, das habe ich immer vermisst“, sagt die junge Frau, die tagsüber in der Werkstatt für behinderte Menschen in Biberach arbeitet. „Wenn ich von der Arbeit heim komme, wird gemeinsam gegessen – und der Tag besprochen. So etwas brauche ich einfach“, sagt Geiger. Außerdem könne sie in der geschützten Atmosphäre der Familie Sachen lernen, die sie später einmal brauchen könne, um allein zu leben – also kochen oder die Wäsche zu machen. „Ich mache hier richtig Fortschritte“, berichtet sie.

34 Personen leben derzeit ähnlich wie Bianka Geiger bei Familien im Landkreis Biberach, dem Alb-Donau-Kreis und der Stadt Ulm. Doch es könnten durchaus noch mehr werden, sagt Petra Fischbach vom Fachdienst Offene Hilfen der Heggbacher Einrichtungen. „Wir suchen immer nach geeigneten Familien, die einen Menschen mit geistiger Behinderung aufnehmen wollen.“ Denn die Aufnahme in einer Familie sei eine Möglichkeit, wie ein Mensch mit einer Behinderung sein Leben selbstbestimmt und selbstständig führen könne. In Frage kämen neben den „klassischen Familien“ auch Einzelpersonen und Paare. „Aber auch Geschwister haben die Möglichkeit, ihre Brüder oder Schwestern mit Behinderung im Rahmen der Familienpflege zu betreuen“, sagt Petra Fischbach. Bevor ein solches betreutes Wohnen in der Familie startet, wird sorgfältig untersucht, ob die neue Gastfamilie und der Mensch mit Behinderung zusammen passen. „Wichtig ist, dass der Mensch mit Behinderung eine Tagesstruktur hat – also etwa eine Arbeit hat oder eine Schule besucht“, berichtet Fischbach. „In der Regel arbeiten unsere Bewohner aber in einer Werkstatt für behinderte Menschen.“ Der Landkreis und auch der Mensch mit Behinderung, so er über ein eigenes Einkommen verfügt, finanzieren dann das betreute Wohnen in einer Familie. 730 Euro im Monat beträgt die derzeitige Höhe des Betreuungsgeldes. Der Fachdienst Offene Hilfen der Heggbacher Einrichtungen begleitet und fördert das betreute Wohnen in den Familien – etwa durch regelmäßige Hausbesuche, durch Kontakten zu den Behörden aber auch mit Kriseninterventionen, wenn es etwa einmal zu Streit kommen sollte. Der Fachdienst bietet aber auch Freizeitangebote an. „Jede Familie hat außerdem Anspruch auf 28 Tage Urlaub im Jahr – so lange lebt der Mensch mit Behinderung in einer Urlaubsgastfamilie oder nimmt an einem Freizeitangebot teil, ohne dass das Betreuungsgeld gekürzt wird.“

 

Inge Blaich kann das betreute Wohnen in der Familie nur empfehlen. „Das ist ein prima Sache, nicht nur für den Menschen mit Behinderung, sondern auch für einen selber“, sagt sie. „Im Umgang mit Menschen mit Behinderung geht einem oft das Herz auf“, sagt sie. „Das sollte jeder mal probieren.“

Wer sich für das betreute Wohnen in der Familie eines Menschen mit Behinderung interessiert, kann sich bei Andreas Kemper vom Fachdienst Offene Hilfen der Heggbacher Einrichtungen unter der Telefon-Nummer 07351/300 552-0 oder E-Mail kemper@heggbach.de informieren.

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