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12.07.2023

Palliative Care in Wohnparks etablieren

Wenn die kurativen Möglichkeiten weitestgehend ausgeschöpft sind und kaum mehr Aussicht auf Heilung besteht, beginnt die palliative Versorgung. Dann rücken andere Aspekte in den Vordergrund: Nicht die Heilung ist das oberste Prinzip der Behandlung, sondern das Wohlergehen eines Menschen und seine Lebensqualität. Diese Standards sind etwa in den sechs Hospizen der St. Elisabeth-Stiftung etabliert und werden ständig an die Praxis angepasst. Trotz dieser großen Anzahl an Hospizen, sterben die meisten der Bewohnerinnen und Bewohner weiterhin in den Wohnparks der St. Elisa-beth-Stiftung. Grund genug, um mit dem Modellprojekt „Palliative Care“ zu un-tersuchen, wie vorhandene Kompetenzen in den Pflegealltag in den Wohnparks etabliert werden können.

Freuen sich über den Start des Modellprojekts „Palliative Care“ im Wohnpark am Rotbach in Mittelbiberach der St. Elisabeth Stiftung: Amelie Glaser (stellvertretende Pflegedienstleistung), Daniela Müller (Einrichtungsleitung), Barbara Hehl (Palliative Care Pflegefachkraft), Conny Frick (Projektleitung), Prof. Maik Winter (Evaluationspartner), Susanne Sieghart (Geschäftsbereichsleitung Altenhilfe und Hospize) und Ingrid Jörg (Evaluationspartner).

Finanziell möglich gemacht wurde das Projekt durch eine großzügige, projektbezogene, Spende der Hospizstiftung Biberach. Nach der Sicherung der finanziellen Rahmenbedingungen ging es unter der inhaltlichen und fachspezifischen Leitung durch die Geschäftsbereichsleitung Altenhilfe und Hospize, Susanne Sieghart, und der Projektreferentin Conny Frick, daran, die Inhalte und Zielsetzungen zu formulieren und auf ihre praktische Umsetzbarkeit zu prüfen. Conny Frick erklärt den Ansatz der St. Elisabeth-Stiftung wie folgt: „Wir haben uns die Zielsetzung gestellt, unsere Palliativen Kompetenzen in der stationären Altenhilfe weiterzuentwickeln, zu stärken und noch gezielter umzusetzen. Dadurch wollen wir die palliativ-geriatrische Versorgung unserer Bewohnerinnen und Bewohner weiter verbessern, damit sie bis zum Schluss die größtmögliche, individuelle Lebensqualität erfahren können.“

Am Anfang dieses Projektes stand die Grundannahme, dass bei einem höheren Personalschlüssel und einer verantwortlichen Palliative-Care-Fachkraft die Qualität der palliativen Versorgung in der Altenpflege spürbar erhöht werden kann. Hier ist es wichtig zu erwähnen, dass aus medizinischer Sicht nicht jeder Bewohner und Bewohnerin einer stationären Altenhilfeeinrichtung ein Palliativpatient ist. Aber jeder Bewohner und Bewohnerin, der sich in seiner letzten Lebensphase befindet oder sterbend ist, wird grundsätzlich aus einer palliativen Grundhaltung heraus versorgt.

Auf dieser Basis wurde das „Modellprojekt Palliative Care“ entwickelt, dass am 1. April unter der Projektleitung von Conny Frick startete. Seit dem 1. Juli läuft die Umsetzung mit der Unterstützung durch zwei neu eingestellte Palliative Care Fachkräften in die Praxis. Die Projektlaufzeit beträgt zwei Jahre. Das Besondere an diesem Projekt ist die intensive wissenschaftliche Begleitung und Evaluation durch Professor Maik Winter, Altenpfleger und Diplom Pflegepädagoge, aktuell Professor für Gerontologische Pflege und Direktor des Instituts für Gerontologische Versorgungs- und Pflegeforschung an der Hochschule Ravensburg-Weingarten und durch Ingrid Jörg, Pflegepädagogin und Pflegefachkraft, die inzwischen in Weingarten als selbstständige, systemische Beraterin für Personal- und Qualitätsentwicklung im Gesundheitswesen aktiv ist und auf langjährige Erfahrungen im Klinikmanagement und Bildungsfachfrau in Gesundheitseinrichtungen zurückgreifen kann. Von dieser intensiven und nachhaltigen wissenschaftlichen Evaluation erwartet sich die St. Elisabeth-Stiftung wichtige Hinweise darauf, was fördert und was behindert eine gute palliative Versorgung in den Wohnparks. Dies wiederum kann dann nur mit einem angepassten Personalschlüssel geschehen, der sowohl von der Politik als auch von den Leistungsträgern gewollt ist und mit dieser inhaltlichen Verpflichtung von diesen auch in den dann folgenden Pflegesatzverhandlungen direkt mit eingearbeitet werden können. Dadurch wäre eine Umsetzung in allen Wohnparks der St. Elisabeth-Stiftung, aber natürlich auch bei allen Trägern, die diese palliative Weiterentwicklung in ihren Einrichtungen mitgehen wollen, mit einem an den Alltag und den Personalschlüssel angepasstem palliatives Konzept sofort möglich. Sofern die entsprechenden Fachkräfte verpflichtet werden können.

Erfreulicherweise hatten sich mehrere Wohnparks als mögliche Projektstandorte gemeldet. Da die St. Elisabeth-Stiftung zwei Landkreise abdecken und zugleich die unterschiedlichen Strukturen der Wohnparks berücksichtigen wollte, fiel die Wahl auf einen kleineren Wohnpark im Landkreis Ravensburg und einen größeren Wohnpark im Landkreis Biberach entschieden. Seit dem 1. Juli sind die beiden neu eingestellten Palliative Care-Fachkräfte nunmehr in den Wohnparks St. Martinus in Blitzenreute mit Einrichtungsleitung Claudia Ziegler und dem Wohnpark am Rotbach in Mittelbiberach von Einrichtungsleitung Daniela Müller, angedockt.

In diesen beiden Wohnparks ist nunmehr eine Palliative Care Fachkraft mit einem Stellenumfang von je 50 Prozent eingestellt. Diese ist jeweils die zentrale Schlüsselperson des Modellprojekts Palliative Care. Sie wird bei der strategischen Planung, Umsetzung und Weiterentwicklung der Palliative Care Kultur innerhalb des Wohnparks aktiv unterstützen. Das heißt, dass sie nicht nur Ansprechpartner für das Pflege- und Betreuungsteam vor Ort ist, sondern auch aktiv bei der unmittelbaren palliativen Pflege und Symptomkontrolle unterstützt. Außerdem bringt sie sich in der Betreuung von Angehörigen ein und initiiert und begleitet den Aufbau eines internen und externen Netzwerks mit behandelnden Ärzten, Gesprächsbegleitern für gesundheitliche Versorgungsplanung, der Seelsorge, Palliativmultiplikatoren und weiteren Versorgungseinrichtungen und Organisationen (wie Kliniken, SAPV-Teams, ambulante Hospizgruppen, Notärzte, Rettungsdienste).  Zusätzlich wird sie im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung und Evaluation an der Erstellung eines praxisnahen und umsetzungsfähigen Gesamtkonzeptes für alle Wohnparks mitwirken.

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