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05.11.2008
Heggbacher Wohnverbund

„Man darf schon sehen, dass wir da sind“

Menschen mit Behinderung fotografieren Menschen mit Behinderung - der Biberacher Fotograf Andreas Reiner hat ein Projekt verwirklicht, das über die Grenzen der Region hinaus Aufmerksamkeit erregt hat. Die Ausstellung ist im Agenturhaus Biberach zu sehen, Vernissage ist am Freitag, 7. November, um 20 Uhr.

„Das ist der Auslöser, da einfach drauf drücken“ – knappe Informationen reichen aus, dann lässt Andreas Reiner seine Besucher selber machen, „ich bin gar nicht da.“ Ein wenig ist er aber schon da: Das Licht, der Hintergrund, die Kamera auf dem Stativ – das hat der Fotograf arrangiert. Den Rest machen die Menschen mit Behinderung selber.

„Bissle lachen – bloß e bissle, des reicht scho“, schnell finden sich Fotograf – und „Model“ – zurecht und legen ohne jede Befangenheit los. Die Kamera rattert, einmal ist der Mann hinter der Kamera mit soviel Eifer dabei, dass sich ein Studioblitz qualmend verabschiedet.

Andreas Reiner ist Fotograf und Bildjournalist mit einem eigenen Studio in Biberach, das den Namen „sichtlichmensch“ trägt. Der Name ist Programm: Menschen sind im Mittelpunkt zahlreicher Arbeiten Reiners – und dabei ganz besonders Menschen, die sonst am Rand der Gesellschaft stehen. Der 40-Jährige hat in Köln Sterbende in einem Hospiz begleitet, in einem anderen Fotoprojekt portraitierte er das Leben in einer psychiatrischen Klinik. Reiner ist Quereinsteiger, er war Zimmermann und lernte erst nach einer langen Krankheit das Handwerk eines Fotografen.

Auf die Idee, sich selbst als Fotograf zurückzunehmen und Menschen mit Behinderung sich gegenseitig portraitieren zu lassen, kam er durch eine Freundschaft mit Helmuth Nemitz. Nemitz lebt in der Außenwohngruppe Simon der Heggbacher Einrichtungen in Biberach. Seit einiger Zeit besucht er Andreas Reiner regelmäßig im Fotostudio.

80 Menschen mit Behinderung waren am Projekt beteiligt, 20 davon aus den Heggbacher Einrichtungen. Wichtig war Andreas Reiner, dass sich Fotograf und Model kennen: „Das gegenseitige Vertrauen ist sehr wichtig.“ Entstanden sind Fotos, die sowohl authentisch als auch professionell sind.

Der Filmemacher Uli Stöckle hat die Arbeit in Andreas Reiners Fotostudio dokumentiert. Ein Link zum Film findet sich unter www.sichtlichmensch.de.

Inzwischen hat das Projekt überregional Interesse geweckt. Erst am vergangenen Dienstag hat ein Film-Team des SWR einen Beitrag fürs Fernsehen gedreht. Nächste Station der Ausstellung ist Coburg. Models und Fotografen freuen sich über die Aufmerksamkeit. „Man darf schon sehen, dass wir da sind“, sagt einer von ihnen im Film von Uli Stöckle.

Vernissage ist am 7. November um 20 Uhr im Agenturhaus Biberach in der Viehmarktstraße 1. Die Fotos sind bis 28. November täglich von 10 bis 20 Uhr zu sehen.

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