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10.03.2006
Institut für Reproduktionstoxikologie, Ravensburg

Dr. Paulus in Arzneimittelkommission berufen

RAVENSBURG - Welche Auswirkungen haben Medikamente in der Schwangerschaft und Stillzeit? Das Institut für Reproduktionstoxikologie in Ravensburg bietet Ärzten und Patientinnen wichtige Antworten auf offene Fragen. Der Leiter des Instituts, Dr. med. Wolfgang Paulus, ist jetzt in die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft berufen worden.

 

Besteht ein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen nach Einnahme bestimmter Medikamente in der Schwangerschaft? Welche Medikamente können bei chronischen Erkrankungen in der Schwangerschaft beibehalten werden? Solche und ähnliche Fragen beantwortet das Institut für Reproduktionstoxikologie in Ravensburg. Ärzte und Patientinnen, aber auch Hebammen oder Mitarbeiterinnen der Schwangerenberatung wenden sich an das Institut, um Risiken für Ungeborene abzuklären. „In den meisten unserer Fälle wussten die Frauen zunächst nichts von ihrer Schwangerschaft und nahmen deshalb noch Medikamente ein“, berichtet der Leiter des Instituts, Dr. med. Wolfgang E. Paulus. Das Erschrecken sei dann oft groß – vor allem, da die Beipackzettel meist strikt von einer Einnahme während der Schwangerschaft abraten. Das Institut setzt auf wissenschaftlich fundierte Aufklärung und will Schwangerschaftsabbrüche vermeiden helfen. Weitere wichtige Fragen, mit denen sich das Institut beschäftigt, sind der Gebrauch von Psychopharmaka während der Schwangerschaft und die Medikamenteneinnahme bei chronischen kranken Patientinnen, die sich Kinder wünschen. Die Auswirkungen von Impfstoffen, Infektionen, Strahlungen und Chemikalien in der Schwangerschaft und Stillzeit werden vom Ravensburger Institut ebenfalls geklärt. Der Beratungsbedarf ist groß und steigt an – im vergangenen Jahr hat das Institut in 3625 Fällen Ratschläge erteilt und entsprechende Gutachten erstellt. Das sind fast tausend Fälle mehr als noch vor zwei Jahren. „In den vergangenen Jahren sind mehr Menschen auf unser Angebot aufmerksam geworden“, berichtet Dr. Paulus. Das Institut ist im Herbst 2002 als eine Einrichtung der St. Elisabeth-Stiftung Bad Waldsee gegründet worden und hat seinen Sitz am Krankenhaus St. Elisabeth in Ravensburg.

In der Fachwelt genießt das Institut einen hervorragenden Ruf. Vor kurzem hat die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft Institutsleiter Dr. Paulus als außerordentliches Mitglied berufen. „Wir haben immer wieder feststellen müssen, dass wir verstärkte Kompetenz im Bereich der Endokrinologie und Gynäkologie benötigen“, schreibt der Vorsitzende der Arzneimittelkommission, Prof. Dr. Bruno Müller-Oerlinghausen, zu dieser Ernennung. Die Kommission erfasst, dokumentiert und wertet unerwünschte Arzneimittelwirkungen aus.

Für Gynäkologen, Internisten, Psychiater sowie Mitarbeiterinnen von Schwangerenberatungsstellen werden zahlreiche Fortbildungsmöglichkeiten angeboten. Außerdem nimmt das Institut im Jahr 2006 an wichtigen Fachkongressen in Europa teil.

Noch immer können die Beratungsleistungen des Instituts aber nicht bei den Krankenkassen abgerechnet werden. Deshalb ist die von der Diözese Rottenburg-Stuttgart unterstützte Einrichtung auf Spenden und Zuschüsse angewiesen. „Andere europäische Länder sind da schon ein ganzes Stück weiter“, sagt Dr. Paulus. „Dort wird die Medikamentenberatung in der Schwangerschaft und Stillzeit als eine staatliche Aufgabe verstanden.“ Wie wichtig die Medikamentenberatung ist, zeigt ein Blick zurück in die jüngere deutsche Geschichte. Denn bis 1961 wurden in einem der weltweit größten Arzneimittelskandale rund 10 000 Kinder mit schweren Defekten an den Gliedmaßen geboren, nachdem ihre Mütter das Schlafmittel Thalidomid (Contergan) eingenommen hatten.

 

 

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